Arbeitszeugnisse: Was bedeuten die Formulierungen?

Eine Frau und ein Mann checken ein Arbeitszeugnis

Arbeitszeugnisse müssen wahr und wohlwollend sein. Schließlich soll einem Arbeitnehmer nicht aufgrund einer schlechten Beurteilung – gerechtfertigt oder nicht – die berufliche Zukunft verbaut werden. Das hat dazu geführt, dass sich in der Arbeitswelt eine Geheimsprache etabliert hat: Was sich auf dem Papier gut anhört, kann in Wahrheit eine negative Aussage über Ihre Person bedeuten.

Was Sie über ein qualifiziertes Arbeitszeugnis wissen müssen, wie Sie die Codes in Ihrem Arbeitszeugnis entschlüsseln können und welche Rechte Arbeitnehmer haben, wenn die „Übersetzung“ eine schlechte Note offenbart, erfahren Sie in diesem Blogartikel.

Das sollte ein qualifiziertes Arbeitszeugnis enthalten

Endet ein Beschäftigungsverhältnis, haben Sie einen gesetzlichen Anspruch auf ein schriftliches Arbeitszeugnis. Bei einem längerfristigen Beschäftigungsverhältnis ist ein qualifiziertes Zeugnis üblich, das detailliert beschreibt, welche Aufgaben Sie ausgeführt und wie Sie diese gemeistert haben. Es muss per Post an Sie geschickt werden und enthält folgende Inhalte, die in der Regel der Reihe nach aufgeführt sind:

  • Anschrift des Arbeitgebers
  • Name und Eckdaten zum Werdegang des Arbeitnehmers
  • Konkrete und vollständige Beschreibung aller relevanten Aufgaben des Arbeitnehmers
  • Beurteilung der fachlichen Leistungen und des Sozialverhaltens
  • Hinweis zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses
  • Schlussformel mit Dankesformel, Bedauern über die Beendigung und Wunsch für die Zukunft

Achtung: Fehlt ein Punkt in Ihrem Zeugnis, zum Beispiel der Hinweis auf Ihre zukünftige berufliche Laufbahn, kann das bereits ein Minuspunkt für Sie bedeuten.

Wann erhalten Sie ein Arbeitszeugnis?

Jeder Mitarbeiter hat Anspruch auf ein Arbeitszeugnis, auch Auszubildene, freie Mitarbeiter, Mini-Jobber oder Praktikanten. Häufig erhalten kurzfristig Beschäftigte aber nur ein einfaches Zeugnis, das lediglich beschreibt, welche Tätigkeiten sie ausgeführt haben.

Normalerweise erhalten Sie Ihr Arbeitszeugnis, sobald Sie aus der Firma ausscheiden – unabhängig davon, ob Sie selbst gekündigt haben oder Ihnen gekündigt wurde. Haben Sie eine längere Kündigungsfrist, können Sie das Arbeitszeugnis vorab anfordern, um damit die Unterlagen für Ihre Bewerbung zu ergänzen und Ihre Jobchancen zu verbessern. Das ist beispielsweise sinnvoll, wenn Stellen abgebaut werden oder Sie aus privaten Gründen kündigen, zum Beispiel bei einem Wohnortwechsel.

Als Arbeitnehmer haben Sie auch Anspruch auf ein Zwischenzeugnis. Sie sollten es beispielsweise anfordern, wenn Sie in Elternzeit gehen, im Unternehmen die Abteilung wechseln oder einen neuen Vorgesetzten bekommen. Sie müssen nicht begründen, warum und wofür Sie ein Zwischenzeugnis brauchen.

Tipp: Arbeitgeber erstellen ein Arbeitszeugnis nicht automatisch, sondern mitunter nur auf Verlangen aus. Fordern Sie deshalb immer aktiv ein Arbeitszeugnis an und haken Sie nach, falls es auf sich warten lässt.

 

Arbeitszeugnisse richtig lesen: Was steckt hinter den Formulierungen?

Laut Studien fallen mehr als 80 Prozent aller Zeugnisse gut oder sehr gut aus. Die meisten Arbeitnehmer dürfen sich also über ihre Beurteilung freuen. Umgekehrt fallen negative Beurteilungen umso mehr ins Gewicht. Deshalb ist es wichtig, dass Sie die Formulierungen in Ihrem Zeugnis entschlüsseln können. Hier ein paar Beispiele und wie sie zu bewerten sind

Formulierung Note
Stets zu unserer vollsten Zufriedenheit Note 1, sehr gut
Stets zu unserer vollen Zufriedenheit Note2, gut
Zu unserer vollen Zufriedenheit Note 2-3, voll-befriedigend
Stets zu unserer Zufriedenheit Note 3, befriedigend
Zu unserer Zufriedenheit Note 4, ausreichend
Im Großen und Ganzen zu unserer Zufriedenheit Note 5, mangelhaft
Hat sich bemüht … Note 6, ungenügend

Als Faustformel gilt: Dreifache Steigerungen entsprechen der Note sehr gut (stets … vollsten), zweifache Steigerung der Note gut (stets … vollen), einfache Steigerung der Note befriedigend (volle Zufriedenheit oder stets zu unserer Zufriedenheit). Keine Steigerung oder einschränkende Formulierungen bedeuten in der Zeugnissprache immer eine schlechte Leistung.

Es sind aber nicht nur die Formulierungen, die Rückschlüsse auf Leistungen, Erfolge und das Verhalten geben. Die Alarmglocken sollten auch dann klingeln, wenn die Aussagen Ihre Tätigkeit oder Ihr Verhalten einschränken, als doppelte Verneinung formuliert oder die Floskeln zweideutig sind. Auch in welcher Reihenfolge Aufgaben genannt werden, kann ein Code für falsche Prioritäten und damit eine schlechte Leistung sein. Zum Beispiel:

Formulierung Übersetzung
Sie erledigte alle Aufgaben pflichtbewusst und ordnungsgemäß. Sie hat nur das Nötigste erledigt und zeigte keine Eigeninitiative.
Sein Verhalten gegenüber Kollegen und Vorgesetzten war stets vorbildlich. Es gab Schwierigkeiten mit den Vorgesetzten, da sie an zweiter Stelle erwähnt werden.
Er arbeite mit größter Genauigkeit. Er arbeitet langsam und verliert sich in unwichtigen Details.
Sie erzielte nicht unerhebliche Erfolge. Es gibt keine bedeutenden Erfolge.
Er hatte Gelegenheit, sich notwendiges Expertenwissen anzueignen. Er hat es aber nicht getan.

Auch aus den Dankesformeln lässt sich vieles zwischen den Zeilen herauslesen:

Formulierung Note
Er verlässt uns auf eigenen Wunsch, was wir außerordentlich bedauern. Note 1, sehr gut
Wir danken ihr für die stets gute und erfolgreiche Zusammenarbeit und wünschen ihr für die berufliche Zukunft alles Gute und weiterhin Erfolg. Note 2, gut
Wir bedanken uns für die erfolgreiche Zusammenarbeit, bedauern, dass er uns verlässt und wünschen für die Zukunft alles Gute. Note 3, befriedigend
Wir danken ihr und wünschen ihr alles Gute. Note 4, ausreichend

Achtung: Auch wenn selbstverständliche Leistungen betont werden oder in Ihrem Zeugnis zuerst unwichtige Arbeiten oder Kollegen vor Vorgesetzten genannt werden, kann das eine versteckte Kritik sein und beispielsweise auf Probleme mit der Chefin oder dem Chef hinweisen oder auf eine schlechte Arbeitsorganisation. Lassen Sie zur Sicherheit Ihr Zeugnis von Profis überprüfen, wenn Sie glauben, dass die Formulierungen einer schlechten Note entsprechen.

Vorteil Personaldienstleister: Personaldienstleister sind Experten in allen Fragen rund um Bewerbungen und Arbeitsrecht. Sie wissen, was ein Arbeitszeugnis enthalten muss und was die Geheimcodes bedeuten.

Welche Rechte haben Sie, wenn das Arbeitszeugnis schlecht ausfällt?

Wenn Sie erkennen, dass Ihr Zeugnis schlechter als erwartet ausgefallen ist und Sie damit nicht einverstanden sind, sollten Sie in einem ersten Schritt immer das Gespräch suchen. Nicht jeder Vorgesetzte ist ein Profi auf dem Gebiet Arbeitszeugnis und kennt sich mit den versteckten Bedeutungen aus. Gerade in kleineren Firmen, in denen der Chef sich auch ums Personal kümmert, kann es sein, dass dahinter keine bewusste Absicht, sondern ganz banal Unkenntnis steckt. Vielleicht können Missverständnisse ausgeräumt werden und Ihr Zeugnis wird nach oben korrigiert.

Gibt es im Unternehmen einen Betriebsrat, ist auch dieser eine guter Ansprechpartner für einen ersten Austausch. Allerdings darf der Betriebsrat nur beraten. Gewerkschaften bieten häufig eine kostenlose Zeugnisberatung an und sind deshalb eine gute Anlaufstelle für Mitglieder. Zeichnet sich ab, dass Ihr Arbeitgeber Ihr Zeugnis nicht ändern will, sollten Sie schriftlich Widerspruch einlegen und darin aufführen, welche Stellen geändert werden sollen.

Falls Ihr Arbeitgeber das Zeugnis nicht ändert, können Sie vor Gericht gehen. Für das Anfordern eines Arbeitszeugnisses gilt eine gesetzliche Frist von drei Jahren. Als Klagefrist gelten etwa sechs Monate, da laut den Gerichten ein Arbeitgeber später Ihre Leistungen nicht mehr ordnungsgemäß bewerten kann. Binden Sie in diesem Fall einen Anwalt für Arbeitsrecht ein.

"Laut Verdi werden pro Jahr über 30.000 Prozesse zu einem Arbeitszeugnis geführt."

Achtung: Entspricht Ihr Zeugnis der Note drei, fällt bereits diese Beurteilung im Vergleich zu der Mehrzahl der besseren Zeugnisse deutlich ab und gilt als schlechtes Zeugnis. Möchten Sie dagegen gerichtlich angehen, liegt die Beweislast beim Arbeitnehmer! Um zu belegen, dass Sie Ihren Job besser gemacht haben, müssen ehemalige Kollegen oder Vorgesetzte – die noch bei dem Unternehmen beschäftigt sind – als Zeugen aussagen. Ein Gewissenskonflikt für die Beteiligten mit ungewissem Ausgang! Wenn Sie keine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen haben, müssen Sie die Anwaltskosten selbst tragen – egal, ob Sie gewinnen oder verlieren. Die Gerichtskosten gehen auf das Konto des Verlierers. Entspricht Ihr Zeugnis der Note 4 bis 5, liegt die Beweispflicht dagegen beim Arbeitgeber.

Vorteil Personaldienstleister: Personaldienstleister sind nicht nur Profis in allen Fragen rund um Arbeitszeugnisse und Arbeitsrecht. Sie helfen Ihnen auch bei der Suche nach einem neuen Job und stellen den Kontakt zu passenden Unternehmen her.

 

Fazit

Arbeitszeugnisse müssen wohlwollend sein. Ob ein Zeugnis tatsächlich wohlwollend ist, ist auf den ersten Blick allerdings oft nicht zu erkennen, da es voller geheimer Codes steckt. Kleine Abweichungen bei den Formulierungen, Auslassungen und Umstellungen können bereits Hinweise auf eine schlechte Beurteilung sein. Wer sichergehen will, welcher Note sein Arbeitszeugnis entspricht, kann es von Experten wie Personaldienstleistern checken lassen. Gegen ein schlechtes Zeugnis kann man vorgehen: Betroffene sollten immer zuerst das Gespräch suchen und schriftlich Widerspruch einlegen. Etwa 30.000 Fälle landen in Deutschland jedes Jahr vor Gericht. Entspricht Ihr Arbeitszeugnis der Note 3, liegt die Beweislast bei Ihnen. Lassen Sie sich deshalb vorab beraten – beispielsweise von einem Personaldienstleister, dem Betriebsrat oder einem Anwalt für Arbeitsrecht.

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